Paul Krugman wirft Merkel und Steinbrück intellektuelle Unbeweglichkeit vor

Samstag den 13.12.2008 - Abgelegt unter: Wirtschaft - Keine Kommentare »

„Vielleicht fehlt ihnen intellektuelle Beweglichkeit.“, dies sagte Paul Krugman, der diesjährige Preisträger des Nobelpreises für Wirtschaft, über das derzeitige Verhalten von Bundeskanzlerin Merkel und Finanzminister Steinbrück angesichts der immer schärfer werdenden Krise.

Und Krugman geht noch weiter in seinem Interview mit dem Nachrichtenmagazin „Spiegel“. Er wirft den beiden im Moment wichtigsten Menschen im Kampf gegen die Finanz- und Wirtschaftskrise in unserem Land Realitätsverlust vor. Dabei haut er kräftig auf den Putz, der Nobelpreisträger von 2008, zu Recht, wie man sagen kann. Als einer der renommiertesten Wirtschaftswissenschaftler auf der ganzen Welt und von manchen fast als Orakel angesehen, spricht er aus, was viele andere nur denken: „Sie denken immer noch in den Kategorien einer Welt, wie sie vor ein oder zwei Jahren zu sein schien, mit Inflation und Defiziten als größter Gefahr. Die Folge: Sie verkennen den Ernst der Wirtschaftskrise und verschwenden so wertvolle Zeit – für Deutschland und für Europa.“

Nun fordert auch der Chefvolkswirt der OECD, Klaus Schmidt-Hebbel, ein weiteres Konjunkturpaket. „Je mehr sich die Aussichten verschlechtern, desto stärker muss Deutschland fiskalpolitisch gegensteuern“, sagte er in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin „Welt Online“. Und fordert die Bundesregierung auf, ein weiteres Paket zur Stützung und Belebung der Konjunktur aufzulegen, sei es in Form leichter zugänglicher Kredite für Selbstständige oder in Form von Bürgschaften bzw. staatlichen Konjunkturprogrammen..

Derweil schiebt Kanzlerin Merkel ein neues Konjunkturpaket auf Januar oder Februar des nächsten Jahres hinaus. Dafür hagelt es derzeit schon heftige Kritiken aus anderen Mitgliedsstaaten in der Europäischen Union, unter anderem aus Frankreich, aus Großbritannien und auch von Seiten der EU-Kommission. Und Nobelpreisträger Krugman geht noch weiter mit seiner Kritik: Es drohe „ein sehr, sehr ernster Absturz mit den schlimmsten Arbeitslosenzahlen seit den dreißiger Jahren und im Anschluss womöglich ein verlorenes Jahrzehnt nach japanischem Muster“, wenn die Bundesregierung nicht handeln würde.

Angela Merkel hingegen bezog sich nur sehr vage auf die Kritiken an ihrer Arbeit und sagte deshalb auf der Abschlusspressekonferenz des EU-Gipfels in Brüssel nur: „Der zweite Punkt, der im Mittelpunkt der Diskussion ‑ auch der öffentlichen Diskussion stand, war die Frage eines einheitlichen europäischen Konjunkturpakets. Dieses haben wir heute verabschiedet. Der Richtwert heißt: 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts jedes Landes bzw. 1,5 Prozent des gesamteuropäischen Bruttoinlandsprodukts soll für zusätzliche Stimuli eingesetzt werden, und zwar zusätzlich zu der Wirkung der sogenannten automatischen Stabilisatoren, also der Größen, die jetzt, in Zeiten der Rezession, sowieso unter Druck kommen. Zu diesen 1,5 Prozent hat sich Deutschland selbstverständlich bereit erklärt, weil wir bereits selbst ein Paket auf den Weg gebracht haben. Sie wissen, dass es auch Beratungen über die Frage gibt, ob weitere Schritte notwendig sein werden. Insofern ist hier sehr deutlich geworden, dass Deutschland seinen Beitrag leistet, um die europäische Konjunktur anzukurbeln und staatliche Impulse zu geben. Wir haben gestern sehr ausführlich und auch sehr erfolgreich, wie man dem Gipfeldokument entnehmen kann, dafür gekämpft, dass jetzt auch bestimmte bürokratische Regulierungen gelockert werden, sodass die Mittel, die wir zur Verfügung stellen zum Beispiel im Infrastrukturbereich oder für den Bereich der kleinen und mittleren Unternehmen, auch wirklich eingesetzt werden können. Das bezieht sich zum einen auf Ausschreibungsverfahren, zum anderen auf die Beihilferegeln für kleine und mittlere Unternehmen und für uns auch sehr wichtig auf angepasste Regulierung im Bereich der Breitbandnetze in ländlichen Räumen. Auch dieser Punkt wird für Investitionen in Deutschland von allergrößter Bedeutung sein.“

Fakt ist, es muss etwas passieren, in Deutschland und auch in der ganzen Europäischen Union. Die einzelnen Konjunkturpakete müssen greifen, und gegebenenfalls auch erweitert werden. Merkel und Steinbrück sind jetzt in der Position, handeln zu müssen, wie es Krugman, Schmidt-Hebbel und viele andere Experten fordern. Die Ablehnung der Steuersenkungen und der Konsumgutscheine sollte zu einer Suche nach anderen Wegen werden, um der Konjunktur in unserem Lande wieder auf die Beine zu helfen.

(Quelle Rede von Angela Merkel auf der Abschlusspressekonferenz: http://www.bundeskanzlerin.de)

Schreibe einen Kommentar