Zur Lage der Nation – Die Wirtschaft in Deutschland im Mai 2009
Die aktuellen Zahlen zeigen, dass Deutschland anders als noch vor einigen Monaten angenommen, mit voller Kraft von der Weltwirtschaftskrise getroffen wurde. Seit Jahresbeginn ging es immer dramatischer bergab und die Lage hatte sich verschärft – bis jetzt langsam aber vermehrt Anzeigen darauf hindeuten, dass eine Stabilisierung zu erwarten ist.
So sind zwar weiterhin negative Impulse vorhanden, wie die Außenwirtschaft, die derzeit stark gebremst wird, weil auch die Hauptabnehmer unserer Exporte schwer zu kämpfen haben, sowie ein Rückgang der Ausrüstungsinvestitionen, der nicht gerade gering zu nennen ist. Diesen Negativauswirkungen der globalen Wirtschaftskrise stehen jedoch Impulse gegenüber, welche den Karren Deutschland vor der Schussfahrt in den Dreck zu bewahren wissen. So ist der Konsum der privaten Verbraucher kaum merkbar schlechter als in den vergangenen Monaten. Die Inflation, die sinkenden Lebensmittelpreise, die Maßnahmen aus dem Konjunkturpaket, die auch zur Erhöhung von Einkommen sorgen sowie nicht zuletzt die Abwrackprämie, die in diesem Jahr vor allem in den kleineren Fahrzeugsegmenten für einen steilen Absatz gesorgen hat schwächen die starken Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise ab.
Dennoch nahm das BIP, das Bruttoinlandsprodukt, weiterhin stark ab. Bereits in den letzten drei Monaten des Jahres 2008 hatte es einen Rückgang von 2,2 Prozent gegeben. Im ersten Quartal dieses Jahres ging es dann noch einmal stärker bergab um 3,8 Prozent, dies immer preis-, kalender- und saisonbereinigt betrachtet.
Trotzdem darf im gesamtwirtschaftlichen Zusammenhang nicht nur eine Zahl als Maßstab für die aktuelle Lage einer Wirtschaft herangezogen werden. Denn nicht nur die Exporte zeigen eine Richtung, auch andere Faktoren deuten auf eine Verbesserung oder Verschlechterung hin. Da Deutschland ja immer noch Exportweltmeister ist, kommt es auch auch die wirtschaftlichen Impulse an, die aus anderen Ländern kommen, jenen, in die wir exportieren. Daraus können dann wiederum Schlüsse gezogen werden, wie sich die Exporte in den kommenden Monaten entwickeln werden, in Richtung Abnahme oder wieder bergauf. So kamen jetzt im Mai endlich wieder gute Stimmungsindikatoren, und das gleich aus mehreren Abnehmerländern. Sowohl die EU, Japan als auch die USA zeigen eine Verbesserung in dieser Hinsicht, und auch die Situation einiger der so genannten Schwellenländer zeigt wieder eine Dynamik mit einer starken Aufwärtsbewegung.
Und auch das deutsche Börsenparkett zeigt langsam aber sicher eine Erholung und so geht der wichtigste deutsche Aktienindex, der DAX, nach einer Talfahrt in Richtung 3.500 Punkte langsam wieder auf die 5.000 Punkte Marke zu. Als vor einiger Zeit die magische Marke der 4.000 Punkte unterschritten worden war, ging das große Zittern los. Kommt vielleicht wieder eine solche Blase auf uns zu, wie sie am Ende des Booms des Neuen Marktes zu Beginn dieses Jahrzehntes der Fall war? Viele von uns erinnern sich noch mit bitterem Geschmack im Mund und vor allem im Geldbeutel an jene Zeit.
Am 26. September des Jahres 2002 hatte die Deutsche Börse dann das Ende angekündigt dessen, was als Neuer Markt einen irrsinnigen Höhenflug veranstaltet hat und dann Anleger wie Unternehmer in den finanziellen Abgrund riss. Zu Ende des Jahres 2003 sollte dann der letzte Handelstag über die Bühne gehen. Am 2. Juni 2003 verkündete die Deutsche Börse jedoch überraschend, dass bereits drei Tage später der definitiv letzte Handelstag des Neuen Marktes sein würde. Inzwischen ist all dies Geschichte, aber bei jedem Gang unter die 4.000 Punkte Marke kommen diese bitteren Erinnerungen auf. Nun aber steigt der DAX wieder und scheint sich in positiven Gefilden einzupendeln. Auch dies ist ein wichtiger Indikator dafür, dass sich unsere Wirtschaft langsam aber sicher erholt und die Talsohle der Rezession bereits in wenigen Monaten erreicht sein wird.
Nun kommen jedoch nicht nur all jene Faktoren zum Greifen, sondern auch noch ein anderer Punkt, der in den nächsten Monaten und vielleicht nachhaltig sogar in den nächsten Jahren eine wichtige Rolle spielen könnte: Der „Wirtschaftsfonds Deutschland“. Der neu geschaffene Fonds, der ein Teil des Konjunkturpakets II ist, soll dazu beitragen, die Wirtschaft wieder innerhalb der Unternehmen anzukurbeln, und notwendige Investitionen getätigt werden können. Das staatliche Hilfsprogramm, welches sich aus Krediten und Bürgschaften zusammensetzt, scheint auch bereits zu greifen. So konnte der Parlamentarische Staatssekretär Hartmut Schauerte heute auch gute Nachrichten verkünden: „Das neue Kredit- und Bürgschaftsprogramm des Bundes wird von den Unternehmen gut angenommen. Es liegen bereits Anträge in Höhe von insgesamt 4,5 Mrd. Euro vor, davon ca. 1,9 Mrd. Euro aus dem Mittelstand und über 2,5 Mrd. Euro von großen Unternehmen. Erfreulicherweise werden dabei von den mittelständischen Unternehmen etwa zwei Drittel der Mittel für Investitionsvorhaben verwendet, die so wichtig für die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen sind. Die größere Zahl der Anträge auf Betriebsmittelkredite zur Sicherstellung der allgemeinen Liquidität zeigt aber auch, dass sich viele Unternehmen aktuell in einer schwierigen Situation befinden. Sie benötigen diese Mittel, um die notwendigen Anpassungen zu verkraften und die Zeit bis zu einer Normalisierung der Märkte zu überbrücken.“
Vielen ist der Wirtschaftsfonds Deutschland und seine Aufgabe – Kredite für Selbstständige und Unternehmer zu vergeben – jedoch noch völlig unbekannt, was sich schleunigst ändern sollte. Denn gerade die Unterstützung von Investitionen sorgt mittel- bis langfristig für die Erhaltung von – und im besten Falle sogar zur Schaffung neuer – Arbeitsplätze, und dies wird dringend benötigt. Denn die einzige Sorge, die derart wirklich unsere Nation umtreiben sollte bei all den guten Indikatoren: Der Verlust von Arbeitsplätzen, die vielen Kurzarbeiter, die von denen möglicherweise so einige auch in der Arbeitslosigkeit enden werden und die stagnierende Null-Einstellungspolitik vieler Unternehmen während der momentanen Wirtschaftskrise bereitet immer mehr Magenschmerzen. Gerade hier erfolgt nun der Ansatz, die Investitionen durch das Kredit- und Bürgschaftsprogramm des Bundes zu stützen, um auf der einen Seite Entlassungen zu verhindern und damit Arbeitsplätze zu sicher und den Unternehmen wieder mehr Luft zu verschaffen für langfristigere Planungen. Sollte dieses Programm so umgesetzt werden, wie es angedacht ist, könnte dies vielleicht der wichtigste Punkt werden, der dazu in der Lage ist, uns aus der Krise heraus zu befördern und der Rezession ein Ende zu bereiten.
Neben der Erholung der Aktienmärkte und der Erwartung einer kommenden Anstiegs der Exporte sind die Zeichen also auf einen klaren Weg aus der Wirtschaftskrise gerichtet. Wie schnell oder langsam dieser vonstatten gehen wird, kann im Moment nicht gesagt werden, dies hängt davon ab, wie der weitere Verlauf dieser Indikatoren sein wird und in wie weit die Weltwirtschaft aus der Krise kommt. In der Zeit der Globalisierung kann nicht mehr nur die Wirtschaft des eigenen Landes gesehen werden, wie es früher der Fall war. Da konnte anhand weniger Indikatoren abgelesen werden, wie es bergab oder bergauf gehen wird und meist auch in welchem Zeitraum. Dies ist inzwischen jedoch nicht mehr möglich, da die Wirtschaftsnationen untereinander voneinander abhängig sind, aber auch die Wirtschaft der Schwellenländer mit hineinspielt und Auswirkungen hat auf Länder wie die USA, aber auch auf die Europäische Union. Die Theorien der Vergangenheit haben sich also verändert und es sind in diesen Zeit weitaus mehr Faktoren miteinander in einen Kontext zu setzen, als es in früheren Tagen der Wirtschaft der Fall war. Doch genau dies macht ja die Vielfalt unserer Zeit aus: Die Erweiterung der Zusammenarbeit in unserer Welt. So sehr man in solchen Krisen die Globalisierung auch verteufeln mag, weil dies ja die einfachste Lösung zu sein scheint, aber leider so gar keine Änderung bringt, wir benötigen auch die Globalisierung, um als einzelne Wirtschaftsnationen weiter zu kommen. Dies sieht man im kleineren Rahmen ja bereits in der Europäischen Union, wo es um die Zusammenarbeit geht und wo jetzt mitten in der Krise nur eine starke gemeinsame Gangart wirklich weiter bringt. Denn eines ist dabei wichtig: Nur wer über den Tellerrand schaut und sich löst von den alten Vorstellungen, der kann auch einen Überblick gewinnen über die Gegenwart und die Zeit, die kommen wird. Und genau hier hängen viele Experten fest – sie nehmen die Theorien der grauen Wirtschaftsvergangenheit zur Grundlage ihrer Prognosen, sehen jedoch oft nicht die Notwendigkeit zur Entwicklung neuer Erklärungsmodelle, und liegen deshalb inzwischen auch so oft daneben…