Steigende Leitzinsen und die Verschuldung der Haushalte
Angesichts wachsender Unternehmensgewinne, einer positiven Konjunkturentwicklung und niedriger Inflationsraten sind die meisten Unternehmen und auch Verbraucher sehr optimistisch eingestellt, was die nähere Zukunft angeht. Dabei unterschätzen viele allerdings die Auswirkungen der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Innerhalb von zwei Jahren hat die EZB ihre Leitzinsen von 2,0 auf 4,0 Prozent angehoben und bereits weitere Zinsschritte bis auf 4,5 Prozent in Aussicht gestellt. Details zu diesem letzten Zinsschritt finden interessierte Leser hier: „Die Leitzinsen der EZB steigen noch weiter“. Ebenso schaut es in den USA aus. Dort hat die FED die Leitzinsen in den letzten beiden Jahren bis auf 5,25 Prozent erhöht, belässt sie aber nun schon seit geraumer Zeit auf diesem Niveau. Mehr Details zu den Leitzinsen der FED finden Sie hier: „FED lässt Leitzinsen unverändert“. Die meisten Experten sehen zwar keine Konjunkturrisiken in dieser Serie von Leitzinserhöhungen, berücksichtigen jedoch nur in den seltensten Fällen, dass nicht allein die Höhe der Zinsen, sondern vielmehr ihre Veränderung ausschlaggebend sind. Grund dafür ist die Verschuldung der Privathaushalte und Unternehmen mit billigem Geld. Niedrige Leitzinsen bedeuten ja nichts anderes, als dass sich sowohl Verbraucher als auch Unternehmen günstige Ratenkredite zu niedrigen Zinsen beschaffen können. So ist es denn auch nicht verwunderlich, dass der Verschuldungsgrad der Privathaushalte innerhalb der EU von 70,5 Prozent im Jahr 1999 auf 91,3 Prozent im Jahr 2006 gestiegen ist. Dadurch steigt natürlich auch die Zinslast, die die Verbraucher zu tragen haben. Laut Analysen der Citigroup wird die Gesamtbelastung aus Zinsen und Tilgung infolge dieser vermehrten Kreditaufnahme bis Ende 2007 auf etwa 4 Prozent des verfügbaren Einkommens steigen und damit erstmals über dem Niveau von 2001 liegen, welches den bisherigen Höhepunkt markierte. Trotz der erhöhten Leitzinsen sind auch heute noch Kredite zu sehr günstigen Konditionen zu bekommen, wie ein kurzer Kreditvergleich zeigt. Je höher die Schuldenlast eines Haushaltes ist, desto weniger kann dieser für den Konsum aufwenden. Und genau hier liegt das Problem. Besonders Verbraucher mit Krediten, bei denen in diesem oder den nächsten Jahren die Zinsbindungen auslaufen, werden dieses Problem sehr deutlich zu spüren bekommen. Dies ist besonders im Bereich der Baufinanzierung der Fall, wo fast immer nach einigen Jahren das Restdarlehen umgeschuldet werden muss. Weniger Geld für Konsum bedeutet auf Unternehmensseite auch weniger Einnahmen und damit weniger Wachstum. Ein Teufelskreis, der eigentlich nur durch ein Ende der Zinserhöhungen durchbrochen oder zumindest verlangsamt werden kann.