EZB senkt erneut den Leitzins und markiert neues historisches Tief

Donnerstag den 7.05.2009 - Abgelegt unter: Wirtschaft - Keine Kommentare »

Nachdem der maßgebliche Leitzins für die Geldwirtschaft in den Ländern der Euro-Zone bereits in den vergangenen Monaten immer wieder auf ein neues historisches Tief gesenkt wurde, ging die Europäische Notenbank nun noch weiter nach unten. Um weitere 25 Basispunkte wurde der Leitzins für die Euro-Zone auf nun 1,00 Prozent gesenkt.

Die EZB will damit der immer stärker werdenden Inflation entgegen treten und zugleich die Auswirkungen der Finanzwirtschaftskrise abfedern. Noch im Herbst des vergangenen Jahres hatte der Leitzins auf 4,25 Prozent gelegen, seitdem ging es rasend bergab mit dem maßgebenden Leitzins für die Länder Europas, in denen der Euro die Leitwährung ist.

Eine für viele uninteressante Nachricht – leider muss man hier sagen. Denn der Leitzins der Europäischen Zentralbank hat sehr viel mit unserem alltäglichen Leben zu tun. Weitaus mehr als die meisten denken, beeinflusst dieser Zins die Geldgeschäfte in Deutschland, ist verantwortlich für die Zinsen auf Geldanlagen und für die Höhe der Kreditzinsen. Doch weshalb ist dies so?

Der Leitzins gibt in einem Land (oder in mehreren Ländern, wie dies in der Euro-Zone der Fall ist, also in den Ländern, in denen der Euro das amtliche Zahlungsmittel ist) die Einheit vor, wie viel Banken für Kredite bei der Zentralbank bezahlen müssen. Sie werden jetzt möglicherweise fragen: Banken nehmen Kredite auf? Wieso das denn? Ja, auch Banken nehmen Kredite auf, damit sie genug Nachschub an Liquidität haben. Wenn der Leitzins niedrig ist, ist dieses Vorgehen sogar verstärkt, da die Geldinstitute für wenig Zinsen gutes Geld bekommen, welches sie später zu teuren Zinsen verleihen können.

Viele Banken senken nach einer Leitzinssenkung die Zinsen, die sie für an ihre Kunden ausgegebene Kredite verlangen. Normalerweise ist dies ein gängiges Vorgehen, da ein niedriger Leitzins fast immer auch zugleich niedrige Kreditzinsen bedeuten. Im Moment ist dies jedoch nicht der Fall. Die Geldinstitute sind vorsichtig geworden mit der Vergabe von Krediten und haben die Vorraussetzungen für die Vergabe eines Kredites stark nach oben geschraubt – das gilt insbesondere für Kredite an Selbstständige. Gleichzeitig haben sie jedoch die Senkung des Leitzinses ausgenutzt, um in der raschen Folge die Zinskonditionen für ihre angebotenen Geldanlagen – in erster Linie Tagesgeld und Festgeld – zu senken. Derzeit zahlt also nur der Kunde die ganze Zeche, und die Banken folgen nicht der Leitzinssenkung, wie sie es eigentlich sollten und wie die Europäische Zentralbank es durch eine Entscheidung wie heute es erreichen möchte.

Jetzt ist nur zu hoffen, dass die Kreditinstitute endlich ein Einsehen haben und neben den Nachteilen (die Senkung der Zinsen für Geldanlagen) auch die Vorteile, eine Senkung der Zinsen für Ratenkredite, an ihre Kunde weiter geben. Wann dies jedoch der Fall sein wird, ist nicht absehbar. Die Banken backen derzeit anscheinend lieber ihren eigenen Kuchen, und das auf Kosten des Staates und damit auch auf Kosten der Steuerzahler. Nachdem die EU-Kommission nun auch die staatlichen Hilfen für die Commerzbank genehmigt hat, schöpfen die deutschen Banken weiter schön das Geld ab. Weitergeben wollen sie aber nichts, die Banker haben also, wie man hier schon wieder sehen kann, immer noch nichts dazugelernt.

In der Zwischenzeit hat auch der Bundesverband deutscher Banken, der BdB, auf die Leitzinsssenkung reagiert. Da der BdB eines der wichtigsten Organe in Deutschland ist im Bereich der Finanzwirtschaft, möchten wir Ihnen diese Nachricht nicht vorenthalten:

„Die Entscheidung der Europaeischen Zentralbank (EZB) den Leitzins auf 1 Prozent zu senken wird von den privaten Banken begruesst. „Angesichts des wirtschaftlichen Einbruchs sowie der sehr niedrigen Preissteigerungsrate hat die EZB ihren zinspolitischen Spielraum erneut genutzt“, so Prof. Dr. Manfred Weber, Geschaeftsfuehrender Vorstand des Bankenverbandes. „Zwar waere theoretisch auch ein Zinssatz von weniger als 1 Prozent denkbar, die hiervon ausgehenden Impulse waeren aber vergleichsweise gering.“ Zudem orientiere sich der Tagesgeldsatz auf dem Geldmarkt inzwischen schon stark am Zinssatz fuer die Einlagefazilitaet von 0,25 Prozent. Eine weitere Senkung auch dieses Satzes koennte unter Umstaenden sogar negative Liquiditaetseffekte fuer den Geldmarkt ausloesen.

Auch die Erweiterung der „unkonventionellen Massnahmen“ haelt der Bankenverband fuer richtig. „Die Verlaengerung der maximalen Laufzeit von Refinanzierungsgeschaeften auf zwoelf Monate kann die Kreditvergabe im Euroraum verbessern, ohne dass auf die wichtige Scharnierfunktion des Finanzsektors verzichtet wird. Damit eroeffnet sich den Banken die Moeglichkeit, auch etwas laengerfristige Kredite guenstig zu refinanzieren.“ Ein „credit easing“ in dieser Form stellt nach Webers Auffassung die richtige Mischung aus notwendiger expansiver Geldpolitik und Verantwortung fuer die Geldwertstabilitaet dar.“ (Quelle: BdB)

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