Neue Ausmaße der US-Hypothekenkrise
Fast schien es schon, als wäre die US-Hypothekenkrise halbwegs ausgestanden. Doch letzte Woche machten neue Zahlen die Runde. So geht das Wall Street Journal in seiner Berichterstattung davon aus, dass die Anzahl der Zahlungsausfälle und Zwangsvollstreckungen im Jahr 2008 noch weiter zunehmen wird, da in diesem Jahr bei einem Volumen von ca. 363 Milliarden Euro niedrig besicherter Hypothekenkredite automatische Zinserhöhungen anstehen. Die aus einer solchen Zinserhöhung resultierende steigende Rate können sich viele der Betroffenen nicht leisten, weshalb es zu weiteren Zwangsversteigerungen kommen wird.
Der Schweizer Blog ordnungspolitik.ch schreibt angesichts dieser Zahlen in seinem Beitrag „US-Hypothekenkrise: entfesselter Kapitalismus“ vollkommen zu recht von grober Fahrlässigkeit der Verantwortlichen sowie einem entfesselten Kapitalismus.
Folgt man den Schätzungen der amerikanischen Mortgage Bankers Association, so werden wir 2008 einen erneuten Rekord bei der Anzahl an Zwangsvollstreckungen in Immobilien sehen. Die dramatische Entwicklung des ganzen Geschehens zeigt dabei ein kurzer Vergleich mit den Daten der letzten Jahre auf:
Jahr | Anzahl Zwangsvollstreckungen | Zuwachs zum Vorjahr |
2005 | 705.000 | |
2006 | 1.200.000 | + 70 Prozent |
2007 | 1.350.000 (geschätzt) | + 13 Prozent |
2008 | 1.440.000 (geschätzt) | + 7 Prozent |
Quelle: Mortgage Bankers Association
Wie man diesen Zahlen entnehmen kann, begann die Krise eigentlich schon 2006, damals jedoch noch unbemerkt von der Öffentlichkeit. Angesichts dieser Zuwächse und Zahlen herrscht in amerikanischen Blogs eine rege Diskussion darüber, wie weit die Preise für US-Immobilien noch fallen werden. Einige gehen dabei von einem Preisverfall in Höhe von 20 bis 25 Prozent aus, immer gesehen vom heutigen Wert (Quelle: calculatedrisk „LA Times: How Far Will House Prices Fall?“).
Richtig interessant wird es aber nicht nur bei der Anzahl an Zwangsvollstreckungen, sondern dem Abschreibungsbedarf aufgrund von Zahlungsausfällen und Wertberichtigungen.
Im Herdentrieb-Blog der Zeit wird von einem Abschreibungsvolumen in Höhe von rund 225 Milliarden US-Dollar ausgegangen, wovon bislang erst rund 28 Milliarden Dollar in den Büchern der Kreditinstitute berücksichtigt sind.
Der für seine genauen Schätzungen und Zahlen bekannte US-Blog rgemonitor.com beziffert in seinem Beitrag „CNBC Interview on Housing and Mortgage Bloodbath“ die gesamten durch die US-Hypothekenkrise verursachten Verluste auf rund 500 Milliarden US-Dollar und malt ein Extremszenario von weit über 1.000 Milliarden US-Dollar im Falle einer Rezession aus.
Betrachtet man die bisherigen Wertkorrekturen von rund 28 Milliarden Dollar, wird jedem Anleger klar, was hier für ein Pulverfass am brennen sein kann. Genaue Zahlen kommen ja immer erst mit einer gewissen Verspätung in Form der Quartals- und Jahresberichte von Banken und anderen betroffenen Unternehmen.
All diese Faktoren – steigende Zahlen der Immobilien-Zwangsversteigerungen, sinkendes Wirtschaftswachstum, Anstieg der Arbeitslosigkeit verursacht durch Firmenpleiten im Banken- und Immobilienbereich sowie davon abhängigen Gewerben – wird die US-Notenbank FED wohl bald zu neuen Zinssenkungen bewegen.
Eine Entwicklung, welche sich natürlich nicht nur auf die USA beschränkt, sondern aufgrund der internationalen Verflechtungen der Weltmärkte auch hierzulande spürbar sein wird. So rechnen Experten denn auch in Europe mit Zinssenkungen spätestens 2008.
Hiervon werden wieder Anleger betroffen sein, die ihr Geld zum Beispiel auf einem Tagesgeldkonto anlegen. Wer umsichtig agieren will, dem sei jetzt schon empfohlen, seine Ersparnisse eventuell in Form von Festgeld anzulegen, um so einer sinkenden Verzinsung beim Tagesgeld zu begegnen. Spätestens hier sieht man: die Krise im US-Hypothekenmarkt betrifft wirklich alle!