Wie funktioniert ein Wertpapierkredit?

Unter einem Wertpapierkredit, der oft auch als Effektenkredit bezeichnet wird, versteht man einen Kredit, der zum Kauf von Wertpapieren genutzt werden kann, in dem bereits vorhandene oder neu erworbene Wertpapiere verpfändet werden. Er ist von kurzfristiger Natur und wird in §§ 1204 ff. BGB geregelt, wo er auch als Lombardkredit bezeichnet wird. § 1204 BGB besagt dabei: „Eine bewegliche Sache kann zur Sicherung einer Forderung in der Weise belastet werden, dass der Gläubiger berechtigt ist, Befriedigung aus der Sache zu suchen (Pfandrecht).“. Weiterhin besagt dieser Paragraf, dass das Pfandrecht auch für eine künftige oder eine bedingte Forderung bestellt werden kann.

Verpfändung eigener Wertpapiere – jede Bank hat eigene Beleihungsgrenzen

In der Praxis kommen Effektenkredite in erster Linie beim Kauf von Wertpapieren durch die Verpfändung bereits im eigenen Depot befindlicher Papiere zum Einsatz. Voraussetzung für einen solchen Lombardkredit ist also, dass der Anleger bereits über Wertpapiere verfügt und diese für den aufgenommenen Kredit als Sicherheit hinterlegt. Für einen solchen Wertpapierkredit wird die Beleihungshöhe für die bereits vorhandenen Wertpapiere nach deren Herkunft und Art gestaffelt. Bei der Comdirect Bank gelten dafür zum Beispiel folgende Beleihungsgrenzen:

  • 50 Prozent bei inländischen Aktien
  • 30 Prozent bei ausländischen Aktien
  • 80 Prozent bei Euro-Anleihen inländischer Emittenten
  • 60 Prozent bei Euro-Anleihen ausländischer Emittenten
  • 50 Prozent bei Fremdwährungsanleihen
  • 50 Prozent bei aktienähnlichen Genussscheinen
  • 80 Prozent bei rentenähnlichen Genussscheinen
  • 60 Prozent bei Aktienfonds
  • 80 Prozent bei Rentenfonds
  • 60 Prozent bei Mischfonds
  • 80 Prozent bei Geldmarktfonds
  • 80 Prozent bei offenen Immobilienfonds
  • 0 Prozent bei Optionsscheinen und Zertifikaten

Anders als bei einem gewöhnlichen Ratenkredit hat ein solcher Wertpapierkredit keine feste Laufzeit. Es fallen auch keine Bereitstellungsgebühren an und der Kunde zahlt die Kreditzinsen nur auf den Betrag, den er tatsächlich in Anspruch genommen hat.

Somit bietet sich ein Wertpapierkredit als interessante Alternative zum Dispositionskredit oder einem Ratenkredit an, wenn es um die kurzfristige Überbrückung von Liquiditätsengpässen geht.

Verbraucher, die einen solchen Effektenkredit in Anspruch nehmen wollen, müssen jedoch eins beachten: reduziert sich der Wert des eigenen Depots, sinkt auch die Summe des zur Verfügung stehenden Wertpapierkredites. Wurde dieser bereits vollständig in Anspruch genommen, kann es daraufhin zu Rückzahlungsforderungen seitens der Bank kommen, die den Kunden dann zum Ausgleich der entstandenen Differenz auffordert. Kommt der Kunde dieser Aufforderung nicht fristgemäß nach, ist die Bank berechtigt, so viele Wertpapiere aus dem Depot des Kunden zu verkaufen, bis die Forderung befriedigt ist. Daher sollten Wertpapierkredite wirklich nur kurzfristig in Anspruch genommen werden. Am besten wird die geschilderte Problematik an einem vereinfachten Beispiel sichtbar:

Ein Anleger hat zum Zeitpunkt der Aufnahme eines Wertpapierkredites folgende Summen an verschiedenen Anlageformen in seinem Depot (es gelten die oben vorgestellten Beleihungsgrenzen der Comdirect Bank):

Wertpapierart Depotvolumen Beleihungsgrenze Beleihungswert
Aktien Inland 5.000 Euro 50 % 2.500 Euro
Aktien Ausland 2.500 Euro 30 % 750 Euro
Rentenfonds 7.500 Euro 80 % 6.000 Euro
Aktienfonds 9.000 Euro 60 % 5.400 Euro
Euro-Anleihen Inland 5.000 Euro 80 % 4.000 Euro
Zertifikate 5.000 Euro 0 % 0 Euro
Gesamt 34.000 Euro 18.650 Euro

Unser Anleger nimmt nun den verfügbaren Wertpapierkredit in Höhe von 18.650 Euro vollständig in Anspruch. Aufgrund von Turbulenzen an der Börse (man erinnere sich nur an die ersten Auswirkungen der US-Hypothekenkrise) sinken die Kurse der im Depot gehaltenen Wertpapiere. Für den von der Bank gewährten und bereits vollständig ausgeschöpften Wertpapierkredit hat das folgende Auswirkungen:

Wertpapierart Depotvolumen Beleihungsgrenze Beleihungswert
Aktien Inland 4.000 Euro 50 % 2.000 Euro
Aktien Ausland 2.000 Euro 30 % 600 Euro
Rentenfonds 7.000 Euro 80 % 5.600 Euro
Aktienfonds 8.000 Euro 60 % 4.800 Euro
Euro-Anleihen Inland 4.800 Euro 80 % 3.840 Euro
Zertifikate 4.500 Euro 0 % 0 Euro
Gesamt 32.300 Euro 16.840 Euro

Das neue maximale Volumen des Wertpapierkredites liegt also bei 16.840 Euro und damit 1.810 Euro unterhalb des alten Wertes. Da unser Anleger seinen Effektenkredit bereits vollständig in Anspruch genommen hat, wird ihn die Bank jetzt umgehend zum Ausgleich der Differenz von besagten 1.810 Euro auffordern. Kann er dieser Aufforderung nicht nachkommen, wird sie nach Fristablauf so lange Wertpapiere aus seinem Depot zwangsverkaufen, bis der Beleihungswert wieder stimmt.