Discounter profitieren von Inflation

Mittwoch den 5.03.2008 - Abgelegt unter: Wirtschaft - Keine Kommentare »

Die schon seit Monaten statistisch erkennbare Verteuerung der Lebensmittel wird allmählich von allen Deutschen wahrgenommen. Steigende Lebensmittelpreise belasten den Geldbeutel zusätzlich, und zwar den aller Einkommensschichten. Einige Zahlen, die von bis zu 40 Prozent bei Milchprodukten reichen, finden interessierte Leser auf „Teurere Lebensmittel“. Kaum sind die Preissteigerung für Strom und Brennstoffe (Benzin, Diesel und Heizöl) halbwegs verkraftet, erreichen uns neue Hiobsbotschaften und die Konsumenten reagieren mit dem Gang zum Discounter. Diese Preissteigerungen belasten nicht nur den Geldbeutel, sondern heizen auch die ohnehin schon steigende Inflation in Deutschland weiter an.

Aldi und Co verzeichnen dadurch Rekordergebnisse. So gab jeder Haushalt im Jahr 2007 rechnerisch 1.257 Euro für Lebensmittel, Reinigungsmittel und Körperpflege bei den Discountern aus. Dies bedeutet ein Wachstum von 61 Euro oder rund 5 Prozent gegenüber dem Wirtschaftsjahr 2006. Entgegen diesem Trend gaben die Deutschen in allen anderen Supermärkten beziehungsweise Drogerien weniger Geld aus.

Prozentual verdeutlicht dies, dass etwa 98 Prozent aller Haushalte bei Discountern einkaufen. Durchschnittlich besuchen die Konsumenten dabei etwa 70 Mal im Jahr, also mehr als einmal pro Woche, Aldi, Lidl und Co.

Der Siegeszug der Discounter scheint damit unaufhaltsam. Jedoch entflammt allmählich auch ein harter Konkurrenzkampf innerhalb dieser Riege. Die enge Marge auf Lebensmittel zwingt die Discounter, das Umsatzniveau stetig relativ hoch zu positionieren. Daraus ergibt sich, dass die Präsenz gesteigert und das Angebot optimiert werden muss. Ebenso wird gerne einmal auf Kopien erfolgreicher Marken zurückgegriffen, wie der Fall „Bionade verklagt Discounter Plus“ zeigt. Spitzenreiter ist nach wie vor Aldi, bei dem im Schnitt jeder deutsche Haushalt etwa 573 Euro ausgegeben hat. Lidl folgt mit 416 Euro je Haushalt und Jahr.

Güter des täglichen Bedarfs brachten demnach im Wirtschaftsjahr 2007 einen Umsatz von 132 Milliarden Euro, was bedeutet ein Wachstum von 3,6 Milliarden Euro gegenüber 2006 bedeutet. Allein der Anteil, der davon bei Discountern ausgegeben wurde, liegt bei 36,7 Prozent. Das Wirtschaftsinstitut AC Nielsen sieht die Gründe für dieses Verbraucherverhalten vor allem in der Mehrwertsteuererhöhung und den Preiserhöhungen im Laufe des Jahres. Ein kleiner Anteil wird auch dem Rückgang der Arbeitslosigkeit zugeschrieben.

Die eben geschilderte Entwicklung kann man als Indiz für die Schwächung des Einzelhandels betrachten. Gerade jetzt, wo uns noch die Bilder der Grünen Woche im Gedächtnis sind, klingen diese Geschäftsergebnisse absolut paradox. Da wird zum einen gefordert, die Versorgung mit Lebensmitteln transparent und qualitativ auf hohem Niveau zu gewährleisten, und andererseits entscheiden sich die Verbraucher für den Discounter.

So ist es denn auch kein Wunder, dass sich inzwischen sogar die Politik mit diesem Thema befasst und befindet: „Lebensmittel dürfen nicht verramscht werden“.

Mittlerweile bekommt der Konsument im Discounter neben seinen Lebensmitteln und Waren des täglichen Bedarfs auch alle Artikel, die sonst nur in Fachmärkten zu kaufen waren, ganz gleich ob Schreibsachen für die Schule oder Technik fürs Wohnzimmer.

Darüber hinaus gibt es immer wieder Angebote etwa aus dem Finanzbereich, die mit Lebensmitteln rein gar nichts zu tun haben. Ein Beispiel war das Girokonto der Postbank (nachzulesen etwa bei geld-kompakt.de), welches im letzten Jahr über Tchibo zu angeboten wurde, oder das Tagesgeldkonto, welches Lidl und die Volkswagen Bank die Tage in die Regale – pardon, auf den Markt natürlich – bringen (Details dazu etwa bei blog.123plan.de). Stellt sich eigentlich nur die Frage, wann auch Kredite, Darlehen oder Produkte zur Altersvorsorge wie etwa die Riester-Rente das erste Mal zwischen Brot, Butter und Milch angeboten werden.

Aldi und Co bereichern mittlerweile alle Bereiche des Lebens. Für den kleinen Tante-Emma-Laden um die Ecke bedeutet dies, dass nur durch Nischenprodukte ein Überleben gesichert sein kann. Solange diese noch da ist.

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