Ein Leben für ein paar Euro

Freitag den 5.09.2008 - Abgelegt unter: Wirtschaft - Keine Kommentare »

Vielleicht ein nicht ganz üblicher Artikel für eine Seite wie diese. Dennoch ist es wichtig, auch solche Nachrichten zu bringen. Denn manchmal stellt man sich die Frage, welchen Zweck bestimmte Studien eigentlich erfüllen sollen. Bei einer neuen Studie der Technischen Universität Chemnitz drängt sich deshalb beim Lesen ein großes Fragezeichen auf und: Meinen die das wirklich ernst?.

Die Wirtschaftswissenschaftler Friedrich Thießen und Christian Fischer haben Berechnungen angestellt, in denen sie den Bedarf eines erwerbslosen Hartz IV Empfänger unter die Lupe genommen haben. Dabei haben die beiden herausgefunden, dass einem Menschen 132 bis 278 Euro im Leben reichen würden. Dabei wurden dann sogar noch ein Euro für Kultur und zwei Euro für Kommunikation mit einberechnet.

Eingekauft wurde für die Studie nur bei Discountern, wo nachweislich das Gemüse und das Obst nicht mehr gerade das Beste und frischeste ist. In der „Zeitschrift für Wirtschaftspolitik“ haben die beiden Herren nun ihre Ergebnisse veröffentlicht und bei den Rechnungen wird einem ganz anders. Angesichts der Tatsache, dass heute jede und jeder zum Hartz IV Empfänger werden kann, auch jene beiden „Wissenschaftler“ der TU Chemnitz, sollte man sich vielleicht mal überlegen, was das Leben wirklich kostet. Am Skandalösesten ist sich jene Aussage der beiden, ein Kind würde mit 79,- Euro im Monat versorgt und verköstigt werden können. „Das ist in etwa der monatliche Bedarf eines Hundes in einem Tierheim.“, sagt dazu Rudolf Martens, Hartz IV-Experte beim Paritätischen Wohlfahrtsverband. Außerdem erinnert ihn das Ganze an die Armenfürsorge, die es um das Jahr 1900 in unserem Lande gab.

Wer denkt, alle Empfänger des ALG II, wie Hartz IV ja eigentlich heißt, seien Sozialschmarotzer und würden nur auf der faulen Haut liegen, der mag diese Studie sicher für gut heißen. Wer aber seinen gesunden Menschenverstand einschaltet, den Friedrich Thießen und Christian Fischer irgendwo vergessen zu haben scheinen bei ihrer Arbeit, der weiß, dass Hartz IV einem Menschen alles andere als Luxus verheißt. Zehn Prozent unserer Bevölkerung etwa sind inzwischen auf das volle ALG II oder eine Teilunterstützung angewiesen. Die Teilbeträge sind dazu da, um Menschen, die arbeiten, und dennoch nicht genug zum Leben haben, zu unterstützen. Ein Fakt, der sich auch in der zunehmenden Entssparquote widerspiegelt, also dem Gegenteil der Sparquote, welche wir Ihnen unter https://online-kredite.com/statistiken/sparquote.html näher erklärt und veranschaulicht haben. Jene Quote gibt an, wie viele Menschen auf Kredit leben müssen bzw. ihre Ersparnisse verbrauchen, also mehr zum Leben ausgeben, als sie einnehmen. Auch die Grundsicherung für Rentner, die nicht genug Altersruhegeld bekommen, trotz vieler Jahre harter Arbeit, wird vom ALG II mit einem Aufschlag berechnet.

Wer nur in Schwarz und Weiß denkt, der geht schnell falsche Wege. Gerade als Wirtschaftswissenschaftler müssten Thießen und Fischer wissen, dass man die Dinge als Ganzes sehen muss und in einem übergeordneten Rahmen. Dies ist ihnen jedoch bei Weitem nicht gelungen. Der Sinn dieser Studie ist also völlig unklar. Oder soll sie etwa eines zeigen: Wie mache ich die armen Menschen in unserem Land noch ärmer? Armut bedeutet auch Krankwerden, nicht nur körperlich, sondern auch seelisch. Langzeitarbeitslosigkeit bedeutet sehr oft auch Ausgrenzung, und gerade wenn man dann die Mittel auch noch so begrenzt, dass nicht mal mehr ein Telefon drin ist oder ein Handy, dann ist die Isolation in vielen Fällen bald ganz da.

Auch wurde bei den Berechnungen übrigens nicht nach geltendem Recht vorgegangen. Statt der Wohnungsgröße von 45 qm für eine alleinstehende Person wurde lediglich eine Wohnraumgröße von 20 – 25 qm für einen alleinstehenden Mann berechnet. Die Studie geht also an der Realität vorbei. Erstens gibt es gar nicht so viele Wohnungen in dieser Größe, zweitens wurden die Berechnungen in Ostdeutschland gemacht, wo die Mieten und zum Teil auch die Lebenshaltungskosten immer noch geringer sind.

Die Studie scheint also von völlig falschen Ansätzen auszugehen. Die Kritiker an unserem Sozialstaat werden nun jedoch neue Angriffspunkte finden, die Neoliberalen werden sich herausgefordert sehen. Und der Wirtschaft selbst nützt die Studie rein gar nichts. Heraus gepulvertes Geld also. Davon hätten einige Menschen schon wieder einen Monat lang leben können übrigens. Da stellt sich dann die Frage: Wieso bekommen die Universitäten für einen solchen Unfug Steuergelder zur Verfügung gestellt? Das Peinlichste dabei ist: Theißen ist der Stuhlinhaber der Professur für Finanzwirtschaft und Bankbetriebslehre. Also hat er sowieso eine Besoldungsstufe, die weit über das hinausgeht, was ein normaler Mensch durchschnittlich verdient.

Es ist nur schade, dass solche realitätsfernen „Wissenschaftler“ der Wirtschaftselite von morgen Dinge erzählen, die unser Land nicht besser machen, ganz im Gegenteil. Sozialkompetenz gleich null, Interesse an Deutschland und seinen Mitbürgern gleich Null, Überblick über die Gesamtzusammenhänge unserer Wirtschaft gleich Null. Wo ist also der Sinn? Es gibt keinen.

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